Weltmeister aus Radeberg: Vom ersten Sachsen- Pokal bis an die Weltspitze
Weltmeister! Im Juni erreichte der Spielmannszug Radeberg den größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte. Bei den World Championships der World Association of Marching Showbands, kurz WAMSB, holten die Radeberger auf Anhieb den Weltmeistertitel. Drei Monate später schwelgen sie noch immer in Erinnerungen – und stecken schon mitten in den Vorbereitungen auf den nächsten Höhepunkt.
Als wäre es gestern gewesen
In gewissem Sinne laufen sie schon wieder, die „WM- Vorbereitungen“, wenn auch in einer ganz anderen Art. Auf der Bühne des Kaiserhofs soll sie für Fans und Freunde im November nämlich noch einmal zu sehen sein, die Weltmeister- Story, die der Spielmannszug Radeberg im Juni im niedersächsischen Rastede schrieb. Zum ersten Mal nahmen sie an einem internationalen Wettkampf teil und zogen prompt an den Titelfavoriten vorbei auf das Siegerpodest bis ganz nach oben. Dass es da viel zu erzählen gibt, liegt auf der Hand.
Den Moment der Siegerehrung beispielsweise, am 29. Juni gegen 18.35 Uhr auf dem Marschplatz in Rastede. Die Moderatoren verkündeten die Platzierungen von hinten nach vorn. Da ahnte noch niemand, wie weit es die Radeberger bringen würden, auch als der zehnte Platz an der Reihe war. Klar: Top Ten, das ist schon was! Aber noch fiel der Name Radeberg nicht. Erst als der zweite Platz angesagt wurde und nur noch ein Verein übrig blieb, brach auch im Radeberger Fanclub tosender Jubel aus. Tränen und Jubelschreie zeugten davon, wie unerwartet der Triumph für die sächsische Formation kam.
Ein zweites Highlight war der Empfang auf dem Radeberger Marktplatz. Mit Polizeieskorte, Hupkonzert und begleitet von hunderten Fans zogen die Spielleute auf den Markt, wo OB Frank Höhme und der RSV- Vorstand warteten. All das fühlte sich schon nach Weltmeister an, auch wenn es einige der mitgereisten Musiker bis heute nicht glauben können. Und das, obwohl sich viele der emotionalen Erinnerungen anfühlen, als wäre die WM erst gestern gewesen.
Angespornt vom Sachsen- Pokal bis an die Weltspitze
Im Wettkampfwesen kannte man sie vor allem auf sächsischem Terrain. Ihren ersten großen Titel, die Goldmedaille bei den Sächsischen Landesmeisterschaften, erspielten sie 1998. Von da an ging es auch musikalisch bergauf: mit schwierigeren und teilweise selbst arrangierten Stücken überzeugten sie die Wettkampfrichter. „Sunshine Impression“, „Ost- Rock- Mix“ oder „Mozart in Concert“ waren solche, gezielt für den Wettkampf arrangierten Musikstücke.
Ein besonders legendäres Beispiel ist „Queens Treasures“. Das Arrangement, das berühmte Hits der Rockband Queen vereint, brachte die Radeberger nicht nur auf dem Wettkampfrasen groß raus. Schnell wurde auch die weltweit bekannteste Queen- Coverband MerQury auf sie aufmerksam. Im November 2014 standen sie dann gemeinsam mit den Rockstars auf der Bühne des ausverkauften Partyclubs Tante Ju in Dresden und spielten den Titel. Bei „Don’t Stop Me Now“ ergriff Frontsänger Johnny Zatylny spontan das Mikrofon und stimmte ein, ebenso wie die begeisterte Menge im Club. Für die Spielleute ein unvergessliches Erlebnis.
„Don’t Stop Me Now!“ Der Song- Titel war schließlich auch für den Radeberger Spielmannszug Programm. Im selben Jahr konnten sie mit „Queens Treasures“ nicht nur die Sächsischen Landesmeisterschaften gewinnen, sondern auch bei den Deutschen Meisterschaften den dritten Platz abräumen. Damit kamen sie weiter als jemals zuvor in ihrer Geschichte. Zehn Jahre lang war das auch der größte Erfolg des Vereins, bis man im Juni 2024 erstmals Kurs auf die Weltspitze nahm.
Die große Chance im Juni 2023
Vorher wurde schon mehrfach über den Tellerrand des Freistaates Sachsen hinausgeblickt. Der Schlüssel war die historisch nachempfundene Uniform in den sächsischen Landesfarben, die den Radebergern die Tür für größere Veranstaltungen öffnete. Zum Beispiel die des Münchner Oktoberfestes, wo sie seit 2004 bereits fünf Mal als einzige Formation aus den neuen Bundesländern beim Trachten- und Schützenzug auftreten durften. 2009 spielten sie neben Andy Borg live in der ARD- Sendung „Musikantenstadl“.
Aber auch im Ausland waren sie seitdem gefragt. Ein absolutes Highlight: Die Reise quer über den Atlantik nach New York 2008. Gemeinsam mit dem damaligen OB Gerhard Lemm ging es bei der Steuben- Parade ein mal rings um den Central Park. Es folgten weitere internationale Reisen nach Paris (2014), Königgrätz (2016) und Russland (2019).
Die einmalige Chance, international über Konzerte hinaus auch einmal Wettkampfluft zu schnuppern, bot sich dann im Juni 2023. Weil die kommenden World Championships auf deutschem Boden stattfinden sollten, wurde die Sächsische Landesmeisterschaft in Crimmitschau auf Sonderantrag hin als Qualifikationswettkampf der WM anerkannt. Dafür reiste extra eine Jury aus mehreren Ländern an und verteilte Punkte nach internationalen Standards. Und siehe da: die Radeberger waren qualifiziert.
Verein profitiert von Auszeichnung
Von Crimmitschau aus nahm die „Operation Weltmeisterschaft“ dann so richtig Fahrt auf. Der Bus nach Rastede wurde gebucht, die Teilnahme offiziell angemeldet, Unterkünfte organisiert. Mehr als 120 Stunden Training flossen in Marschformationen und Musikstücke. Und das zahlte sich aus. Am Sonnabend, den 29. Juni 2024, konnten die Radeberger in der Kategorie „Street Parade“ den begehrten Weltmeistertitel erlangen. Sie setzen sich dabei gegen 78 Vereine aus 10 Nationen durch. Einen Tag später konnten sie zudem im „Marschparcours“ im weltweiten Ranking den zweiten Platz einnehmen. Ein Riesenerfolg für den Verein, der in der internationalen Wettkampf- Szene als unbekannter Erststarter, sozusagen als „Underdog“ angetreten war.
Überwältigend waren natürlich die Reaktionen. Noch am Wochenende häuften sich die Gratulationen im Netz, darunter auch von OB Frank Höhme und Ministerpräsident Michael Kretschmer. Wenig später kamen Medienanfragen von Fernsehen, Radiosendern und Zeitungen. Der Radeberger Spielmannszug in den Nachrichten und auf den Titelseiten. Eine Aufmerksamkeit in dieser Dimension war für die Radeberger neu. Und auch im privaten Bereich zeigte sich großes Interesse. Wer in Vereinskleidung in Radeberg im Supermarkt oder beim Bäcker unterwegs war, wurde nicht selten auch einmal von fremden Personen auf die WM angesprochen.
Dass sich der Erfolg herumgesprochen hat, zeigte sich dieses Jahr bei der Aufnahme der Neuanfänger, bei der der Spielmannszug deutlich mehr Anmeldungen als in den Vorjahren verzeichnete.
Nun probt der Verein bereits an seinem nächsten Höhepunkt: Einem Konzert im Kaiserhof in Radeberg. Dieses soll am 10. November stattfinden und natürlich auch die Weltmeisterschaft thematisieren. Die 600 Karten dafür waren in Windeseile ausverkauft. Auch das zeigt das große Interesse der Radeberger an den frisch gebackenen Weltmeistern. Auf der Bühne werden dabei nicht nur die Erwachsenen sondern auch die Jungen und Mädchen des Nachwuchszuges sowie die Oldies stehen. Die „Väter und Mütter des Erfolgs“ sozusagen gleichermaßen wie die „Weltmeister von morgen“, die die Geschichte des Radeberger Spielmannszuges auch in Zukunft erfolgreich weiter schreiben wollen.
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Alle Infos & Hintergründe zu den World Championships in Rastede
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Videos: Spielmannszug Radeberg ist Weltmeister
World Association of Marching Showbands (WAMSB)