Sächsische Geschichte auf dem Radeberger Markt: Spielleute präsentieren historischen Zapfenstreich
Für ihr historisches Bewusstsein sind die Radeberger Spielleute bekannt. Nicht umsonst bereisen sie in originalgetreu nachempfundenen Uniformen vor allem Geschichtsdarstellungen wie die der legendären Völkerschlacht in Leipzig oder die Schlacht von Borodino bei Moskau. Doch nun bringen die Musiker ein ganz besonderes Stück sächsische Geschichte auf die Bühne. Anlässlich des Radeberger Stadtjubiläums wollen sie auf dem hiesigen Marktplatz den Sächsischen Zapfenstreich aufführen. Ein Stück, dessen Noten größtenteils verschollen sind und das aus diesem Grund fast als vergessen galt…
Ein fast vergessenes Musikstück
Denn wie so viele musikalische Werke verschwanden nach dem Ende des Ersten Weltkrieges auch die Originalnoten des Sächsischen Zapfenstreichs. Als 1919 die Königlich- Sächsische Armee aufgelöst wurde, verlor das Stück seine Bedeutung, bis es Jahrzehnte später durch den Sächsischen Landesmusikdirektor Werner Kunath nachgebildet, und im Jahr 1994 auf dem Leipziger Marktplatz erstmalig wieder aufgeführt werden konnte.
Die eigentliche Geschichte des Zapfenstreichs geht jedoch viel weiter zurück. Bereits im 17. Jahrhundert führten die sächsischen Kurfürsten im eigenen Heer ein Abendsignal, den sogenannten Zapfenschlag, ein, welcher den Soldaten den Ende des Lagertages anzeigen sollte. Unter August dem Starken und seiner Herresreform wurde dieses Signal schließlich zum militärischen Zeremoniell entwickelt, sodass es im Zeithainer Lager, welches der Kurfürst und König 1730 als Machtdemonstration veranstaltete, als Urform des Sächsischen Zapfenstreiches aufgeführt wurde. Damit ist der Sächsische Zapfenstreich wesentlich älter, als die 1838 durch Wilhelm Wieprecht zusammengestellte preußische Version, die die Bundeswehr bis in die Gegenwart hinein zelebriert.
Hornsignale königlich- sächsischer Jägertruppen
Die noch heute erhaltene Version geht jedoch auf eine spätere, veränderte Ausführung des Zeremoniells nach der Errichtung von berittenen Jägertruppen um 1810 zurück. Da Jäger traditionellerweise Hörner spielen, entstanden für das neue Regiment Hornsignale, die ab 1821 zu den offiziellen Abendsignalen wurden. Der Sage nach könnten diese sogar aus der Feder des legendären Hofkapellmeisters Carl Maria von Weber entstammen, doch dies ist bis heute ungewiss.
Sicher ist jedoch, dass sich der Zapfenstreich der sächsischen Infanterie von da an etabliert und weiterentwickelt hat. Zum Hörnerklang traten Pauken- und Trommelrufe sowie eine Erweiterung der Titel bis zum noch heute erhaltenen Ablauf von Introduktion, feierlichem Lied und Hauptteil. Nebst einem Sächsischen Zapfenstreichmarsch kam damit auch das sogenannte Comitat in das Zeremoniell, eine von Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte Melodie, für die Hoffmann von Fallersleben den Text „Nun zu guter Letzt“ schrieb. So wurde im Laufe der Jahre der einfache Zapfenschlag zu einem musikalischen Ereignis, das zunehmend auch optisch als Gesamtbild wirken sollte. Noch heute kennt man den Zapfenstreich als Ehrungszeremonie mit Fackelträgern und Kapellen.
Ein besonderes Geschenk an die Bierstadt
Hörnerklang, Paukenrufe und feierliche Choralmelodien – all das wird es im Oktober nun auch vom Radeberger Spielmannszug zu hören geben. Die Spielleute, deren historisch nachempfundene Uniformen des sächsischen Infanterieregiments Prinz Friedrich August (um 1810) just derselben Zeit entstammen, wie die Hornsignale eben benannter Jägertruppen, proben bereits seit einigen Monaten an der Inszenierung. Das Stück wurde von Vereinsmitglied Daniel Vieluf erstmals für einen Spielmannszug arrangiert – und das aus einem durchaus feierlichen Anlass: Die Spielleute wollen ihrer Heimatstadt ein musikalisches Geschenk zum 800- jährigen Stadtjubiläum machen. Und was würde dafür wohl besser passen, als ein Zeremoniell, das üblicherweise besonderen Persönlichkeiten oder höchsten Festlichkeiten vorbehalten ist? Die Aufführung beginnt am 11. Oktober um 20 Uhr auf dem Radeberger Marktplatz und ist öffentlich. Radebergs Oberbürgermeister Gerhard Lemm hat bereit zugesagt, die Zeremonie stellvertretend für die Stadt abzunehmen. Und so wird es im Herbst des Jubiläumsjahrs noch einmal feierlich – und historisch.
Aufführung Sächsischer Zapfenstreich
Datum: 11.10.2019
Zeit: 20.00 Uhr
Ort: Marktplatz Radeberg
öffentliche Veranstaltung, Eintritt frei