Stiefel putzen für den Dresdner Stollen
Nein, die 42 Radeberger Spielleute waren nicht zu früh dran, als sie am 3. Dezembers mit Schuhcreme und Bürste über ihren Stiefeln saßen. Herausgeputzt haben sie sich nämlich nicht für den Nikolaus, sondern für ihren Auftritt in der sächsischen Landeshauptstadt. Zum 27. Mal lud das Dresdner Genuss- Handwerk zum Stollenfest ein. Und das zählt für die Spielleute alljährlich zu den größten Höhepunkten.
Eine königlich- sächsische Festtradition
Königlich, sächsisch und vor allem traditionell geht es beim Stollenfest bis heute zu. Etwa so, wie vor fast 300 Jahren, als Friedrich August I. zum prunkvollsten Barockfest aller Zeiten, dem Zeithainer Lustlager (bei Riesa) lud. Der Höhepunkt damals: ein sage und schreibe 1.800 Kilogramm schwerer und 7 Meter langer Christstollen, gebacken von Bäckermeister Johann Andreas Zacharias und 60 Knechten.
Die Tradition eines Riesenstollens war geboren. Im Jahr 1994 wurde sie als Stollenfest im weihnachtlichen Dresden wieder zum Leben erweckt und in die barocke Altstadt verlegt. Seit zehn Jahren gehört auch der Spielmannszug aus Radeberg fest ins Stollenfest- Programm.
Historische Uniformen vor barocker Kulisse
Dass sich die Radeberger Spielleute hier besonders heimisch fühlen, hat seinen Grund. Denn auch sie sind der sächsischen Geschichte verbunden und tragen seit über 15 Jahren eine historisch nachempfundene Uniform in den Landesfarben des Freistaates.
Von den Gamaschenknöpfen bis zur Tschako- Kordel: Detailgenau hat man sich dem Original, der Uniform des Sächsischen Infanterieregiments Prinz Friedrich August, immer weiter angenähert. Die historische Authentizität überzeugt selbst die kritischen Prüfer des Trachten- und Schützenzuges des Münchner Oktoberfestes. Hier treten die Radeberger als einziger Verein aus den neuen Bundesländern auf.
Ein besonderer Höhepunkt ist es jedoch, wenn sich das Ensemble an den geschichtlichen Wurzeln seiner Uniform präsentiert. Dann wird sächsische Geschichte lebendig. Wie stolz wäre seine Majestät wohl heute, wenn sie die Uniformen ihres Regiments noch im Jahr 2022 vor der glänzenden Dresdner Barockpracht sehen könnte?
Großes Publikum in Dresden
Zum Hingucker für die über Besucher des Stollenfestes sind die Radeberger allemal geworden. Die strömten nach zwei Jahren Coronapause wieder zu Tausenden auf den weltberühmten Strizelmarkt. Die langjährige Tradition hat das Fest zu Sachsens größtem Weihnachtsevent gemacht, das Besucher aus aller Welt anlockt. Und das, obwohl es in diesem Jahr erstmals keinen Riesenstollen gab. An dessen Stelle rückten 588 Ein- Kilo- Stollen, die für einen guten Zweck versteigert wurden.
Doch neben dem großen Publikum hatte der Auftritt für die Musiker aus Radeberg noch einen zweiten Vorteil: Die Stiefel waren am Sonntagabend bereits auf Hochglanz poliert. Beste Bedingungen also, um am Nikolausmorgen selbst an Sachsens weltberühmten Köstlichkeiten teilzuhaben.